Transition Town – wie Graswurzel-Bewegungen Gesellschaft neugestalten können
Immer mehr Gruppierungen, die lokale Themen und Projekte angehen, vernetzen sich unter dem Begriff der „Transition-Town-Bewegung“. Weit über 50 Gruppen gibt es mittlerweile über ganz Deutschland (und darüber hinaus) verteilt und ein Abflauen ist noch lange nicht in Sicht. Aber was hat es eigentlich wirklich mit diesen Transition Towns, dieser selbsternannten Graswurzelbewegung, auf sich?
Die Idee
Transition ist Englisch und bedeutet Wandel. Bei den Transition Towns handelt es sich also um „Wandel-Städte“ oder „Städte im Wandel“. Das Konzept dieser Transition-Bewegung ist dabei immer, den angestrebten Wandel „von unten“ zu bewirken. Das soll bedeuten, dass man sich als Einzelner oder als einzelne Stadt nicht gleich die Weltprobleme aufladen sollte, sondern stattdessen im Kleinen (vor Ort und bei sich selbst) anfängt. Jeder von uns steht dabei sinnbildlich für eine Graswurzel, die es gilt zum Sprießen zu bringen. Wenn jeder Grashalm wächst entsteht eine Wiese wo vorher Brachland war. Die Menschen organisieren sich basisdemokratisch und konsensorientiert, um Alternativen zu Bestehendem auszuprobieren.
Bei der Transition Town Bewegung liegt der Fokus dabei auf einer zukunftsfähigen Gesellschaft und Wirtschaft. Die Ressourcen der Erde werden als endlich begriffen und es wird versucht als Gemeinschaft von Gleichberechtigten neue Wege des Miteinanders zu finden – weg vom ressourcen-verschlingenden globalisierten Dauerkonsum J.
Allerdings ohne dabei dogmatisch zu werden oder Personen auszuschließen, weil sie anders denken, anders aussehen oder anderes glauben. Der Wandel kann nur funktionieren, wenn die Menschen auf sich und ihre eigenen Bedürfnisse achten, aber eben auch auf die der anderen. Dabei muss der Wandel als dynamischer Lernprozess verstanden werden, bei dem Dinge schiefgehen können, Ideen sich verändern und alle zusammen Erfahrungen sammeln, aus denen Konsequenzen für neue Projekte gezogen werden können.
Was die Transition Towns so besonders macht
Die Vielfältigkeit und Offenheit der Wandel-Bewegung ist ihre große Stärke, denn so kann sich jeder in ihr wiederfinden. Während eine Mutter gerne im Gemeinschaftsgarten gärtnert, bietet der pensionierte Mechaniker vielleicht lieber eine Fahrradreparaturwerkstatt an. Der Nächste teilt sein Wissen in alternativen Führungen durch die eigene Stadt und alle zusammen bilden sie vielleicht eine solidarische Landwirtschaft oder rufen eine eigene lokale Währung ins Leben. Jeder kann Teil des Wandels sein, den unsere Erde braucht.
Im Gegensatz zu anderen „grünen“ Bewegungen liegt bei Transition also der Fokus nicht zwangsläufig auf öffentlichkeitswirksamen Aktionen, Protesten und Petitionen, sondern darauf ganz bewusst bei sich selbst anzufangen. Längerfristig kann sich natürlich durchaus auch an die Politik gewandt werden, aber vom Prinzip gilt eher der Ansatz des „Selbermachens“ und des „Einbeziehens“ statt des „Forderns“.
In dieser Grundhaltung steckt auch noch ein weiterer wichtiger Baustein der Transition-Bewegung, nämlich der innere Wandel.
Mögliche Projekte
Weil bei der Transition Town Bewegung jede Stadt oder jede Gemeinde die Prinzipien und Leitgedanken von Transition individuell umsetzt und an die eigenen Gegebenheiten anpasst, gibt es auch sehr vielfältige Formen des gelebten Wandels. Häufig gibt es Gemeinschaftsgärten, werden Verschenkbörsen veranstaltet oder Städte begrünt. Berühmt geworden ist auch der Totnes Pound, die lokale Währung der gleichnamigen Stadt in Großbritannien, in der Transition-Mitbegründer Rob Hopkins wohnt und wirkt. Mit dem Geld konnte nur in Totnes selbst und nur in lokalen Geschäften bezahlt werden. So konnten die Bürger gezielt die stadteigene Wirtschaft unterstützen und damit die Geld-Kreisläufe lokal binden. Das Prinzip wurde inzwischen in anderen Städten übernommen (in Totnes selbst gibt es den Totnes Pound allerdings nicht mehr, da die Entwicklung zu digitalem Bezahlen, Bargeld immer überflüssiger gemach hat; in größeren Städten konnte die lokale Währung aber auch in digitaler Form eingeführt werden).
Veränderung leben: Wandel ist eine Chance
Denn es geht bei Veränderungen auch immer um eine Balance
zwischen Innerem und Äußerem, Individuum und Gruppe, Lokalem und Globalem… Wer
sich mit Themen der Veränderung und auch mit den Gründen für die notwendigen
Veränderungen in der Gesellschaft, wie dem Klimawandel, der Schere zwischen arm
und reich, den zur Neige gehenden natürlichen Ressourcen usw. usw.
auseinandersetzt, der fühlt sich schnell überwältigt, hilf- und machtlos, aber
auch traurig, wütend oder frustriert. Ein Gedanke des inneren Wandels ist,
diese Gefühle nicht zu verurteilen, sondern anzunehmen, ohne daran zu
verzweifeln. Dabei hilft es zum Beispiel Erfolge wertzuschätzen und zu feiern
und dankbar zu sein für Erreichtes. Auch ein Reflektieren des eigenen
Blickwinkels hilft. Denn einerseits befinden wir uns zwar in einer Zeit, in der
vieles schiefläuft und große, vielleicht auch einschneidende Veränderungen
angegangen werden müssen, aber zugleich befinden wir uns eben genau in der
Zeit, in der wir den Kurs ändern können. Stell dir vor, du bist Teil der
Generation, in der Vision Wirklichkeit wurde und aus Utopie Realität. Wer
bestimmt was realistisch ist und was nicht? Alles eine Frage der
Perspektive.
Transition Town ist inzwischen eine weltweite Bewegung und gleichzeitig ein
Netzwerk vieler individueller Bewegungen, die die gleichen Grundsätze teilen
und diese individuell an ihre Stadt anpassen.
Ist deine Stadt schon im Wandel?
Vielleicht gibt es ja in deiner Stadt schon Projekte, die dem Transition Ansatz gleichen, ohne dass die Aktiven sich als Transition Gruppe verstehen. Das ist auch gar nicht unbedingt nötig, hilft aber Kräfte zu bündeln, sich zu vernetzen und als Teil einer großen Bewegung zu begreifen, um so die Außenwirkung und Reichweite der eigenen Projekte noch zu verbessern. Zum Beispiel gibt es unter https://transitionnetwork.org/ hilfreiche „Wandel-Leitfäden“ und Tipps für eine gesunde, nachhaltige Teamarbeit und Orientierungshilfen, wenn einem alles über den Kopf wächst.
Der erste Schritt ist zwar bekanntermaßen der schwierigste, aber mit dem richtigen Team geht auch das gleich viel leichter von der Hand.
Traut euch und werdet Teil des Wandels!